Ein Mann, der Gott vertraute (Teil 5)

Kurz nach seiner Bekehrung wurde Nye als ehemaliger Leiter einer Handelsgesellschaft von dieser zu einem Gespräch eingeladen. Er hatte seinen Posten bereits niedergelegt und sollte nun die Gründe seines Glaubenswechsels erklären. Taylor, der ihn begleitete, war tief beeindruckt von der Klarheit und Kraft seines Jesusbekenntnisses. Einige seiner ehemaligen Freunde mit derselben Religionsauffassung wurden durch ihn zu Christus geführt und später wertvolle Glieder der Kuan Kiao-teo-Gemeinde.

Nye hatte als Baumwollhändler viel freie Zeit, die er nun den befreundeten Missionaren zur Verfügung stellte. Beinahe täglich begleitete er Mr. Jones bei seinen Besuchen in die Häuser oder zu Straßenpredigten. Er wollte aber für seine Dienste nicht bezahlt sein. Überall fand er Eingang für die Botschaft, die ihm selbst so viel bedeutete. Er war es auch, der einmal an Hudson Taylor die unerwartete Frage richtete, die dieser nie mehr vergessen konnte:

„Wie lange kennt ihr in England die Frohe Botschaft?“

Der junge Missionar schämte sich und antwortete zögernd, sie sei dort schon seit Jahrhunderten bekannt.

„Wie“, rief Mr. Nye verwundert aus, „einige hundert Jahre? Ist es möglich, dass ihr so lange Jesus kennt und erst jetzt kommt, um uns von ihm zu sagen?“ Traurig fuhr er fort: „Mein Vater hat mehr als zwanzig Jahre nach der Wahrheit gesucht und ist gestorben, ohne sie gefunden zu haben. O warum seid ihr nicht eher gekommen?“

Kaum hatte sich Hudson Taylor von seiner Krankheit erholt und seine Pflichten wieder aufgenommen, wurde er in eine andere Arbeit gerufen. Auf dem Anwesen der Presbyterianer-Mission war sein Freund Quaterman an Blattern erkrankt. Dieser war unverheiratet und hatte bei seiner Schwester, Mrs. Way, ein Heim gefunden. Der Kranke musste isoliert werden, und weil sein Schwager verreist war, konnte Mrs. Way wegen ihrer Kinder die Pflege nicht übernehmen. Diese Umstände waren für Hudson Taylor ein klarer Ruf zur Hilfe, es waren doch seine Freunde. Tag und Nacht mühte er sich als Arzt und Pfleger um den Schwerkranken, damit nicht auch andere der Ansteckungsgefahr ausgesetzt wurden. Eine Woche später schrieb er:

„Mr. Quaterman wurde heimgerufen, um bei Jesus zu sein. Es war mein großes Vorrecht, in ihm Christus dienen zu dürfen und dabei die Kraft durchtragender Gnade zu erleben.“

In seinem Brief stand aber nichts von allen durchlebten Nöten auch nichts über seinen erschöpften Zustand.

Bald fand er sich in einer neuen, unerwarteten Schwierigkeit. Während der Pflege hatte er beständig seine Kleider wechseln müssen, und nun sollten diese alle verbrannt werden. Ein chinesischer Schneider hätte zwar in kürzesterZeit für ihn andere Kleider anfertigen können, doch konnte er sich damals keine neue Ausstattung leisten. Nicht, dass er mittellos gewesen wäre! Im Gegenteil! Seit seinem Austritt aus der CEG waren ihm aus andern Quellen mehr Mittel zugeflossen, als er für seine persönlichen Bedürfnisse benötigte. Was er erhielt, teilte er mit seinen Mitarbeitern, Mr. und Mrs. Jones. Zudem hatte er erst vor Kurzem einem bedürftigen Ehepaar einen Geldbetrag zukommen lassen und so für sich selbst nichts zurücklegen können. Was sollte er nun tun? Seine Lage wäre wohl noch schwieriger gewesen, wenn er sie nicht im Gebet vor Gott hätte bringen können.

Gott erhörte sein Gebet. Ausgerechnet in diesen kritischen Tagen erreichte ihn eine längst verloren geglaubte Kiste, die er vor fünfzehn Monaten in Swatow zurückgelassen hatte. Sie enthielt außer anderen Habseligkeiten alle seine Kleider. Wiederum erwies sich Gott als gegenwärtiger Herr, der die Nöte der Seinen weiß, ehe diese vor ihn gebracht werden.

Ein unbedeutender Zufall? Nein, Gottes Eingreifen war ein Beweis seiner Voraussicht. Die beiden Schriftworte „Bis hierher hat der Herr geholfen“ und „Der Herr wird’s versehn“ bekamen eine neue Bedeutung und sollten Motto der Mission werden, die nach Gottes Willen ins Leben gerufen werden musste.

Es ist nicht verwunderlich, dass die schwere Krankenpflege Hudson Taylors Kräfte aufzehrte. Er lag einige Tage in hohem Fieber. Ausgerechnet jetzt sollte ihm ein Erlebnis geschenkt werden, das ihn von allen seinen Zweifeln befreien musste.

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Aus: H. und G. Taylor
Hudson Taylor
Ein Mann, der Gott vertraute

Brunnenverlag 1981
Seite 120 bis 136